Romantische Ruinen in einer luxemburgischen Landschaft: William II. Und B. C. Koekkoeks „Blick auf das Schloss Larochette“ (1848)

Romantische Ruinen in einer luxemburgischen Landschaft

Beitrag von: Asker Pelgrom

Standort: Musée National d’Histoire et d’Art, Luxemburg

Beschreibung: Beschreibung: 1845 gab der niederländische König William II. (1840-1849) eine Serie von Ölgemälden bei seinem Landsmann, dem berühmten Landschaftsmaler Barend Cornelis Koekkoek (1802-1862), in Auftrag. Der Künstler hatte bereits 8 der 9 ursprünglich geplanten Gemälde fertiggestellt, als sein Schaffensprozess vom unerwarteten Tod des Königs im März 1849 unterbrochen wurde. Die Serie beinhaltet Landschaften in Luxemburg, grüne Hügel, Bauernhäuser und Wälder, doch im Zentrum jeder Szenerie befindet sich immer ein Schloss, manchmal in Ruinen. Die existierenden Gemälde zeigen Beaufort (3), Schoenfels, Berg, Hollenfels und Larochette (2), das letzte hätte einen „Blick auf die Kleinstadt Mersch oder das Mersch-Tal“ zum Motiv haben sollen. Koekkoeks Wahl von luxemburgischen Ansichten war recht außergewöhnlich. Romantische Landschaftsmaler aus den heutigen Beneluxländern suchten eher in den belgischen Ardennen, im Rhein-, Mosel- oder im bezaubernden Ahrtal nach idyllischen Motiven und auch Koekkoek machte es normalerweise so. Diese Serie von luxemburgischen Landschaften unterscheidet sich also stilistisch vom Rest seines Werks. Seine Kompositionen stellen in der Regel „angenehme Lügen“ dar: „eine Auswahl verschiedener hübscher Elemente […] die zu einem Ganzen werden, dass keiner tatsächliche existierenden Realität entspricht“, aber in diesem Fall sind sie von bemerkenswerter topographischer Genauigkeit. Das vorliegende Gemälde, und die Serie insgesamt, kann also nur erklärt werden, wenn man die politischen und privaten Interessen von Koekkoeks Mäzen in Betracht zieht, die sich als erstaunlich international herausstellen.

Als William II. den Thron des Königreichs der Vereinten Niederlande bestieg, erhielt er gleichzeitig den Titel Großherzog von Luxemburg. Während seiner kurzen Regierungszeit vermischte sich seine öffentliche Rolle als Monarch mit seinen privaten Interessen im Großherzogtum. Zwischen 1840 und 1849 kaufte er eine beträchtliche Anzahl von Anwesen in Luxemburg: das Gestüt von Walferdange (1842), die Ruinen von Vianden (1844), die Schlösser und Anwesen von Berg (1845), und Fischbach (1845), die Ruinen und Wälder von Grünewald und eine große Anzahl kleinerer Wälder und Ländereien. Obwohl sie nie in seinen Besitz übergingen, wurden ihm die Schlösser Schoenfels und Hollenfels wiederholt zum Kauf angeboten. Der Auftrag an Koekkoek fiel also mit dem Erwerb dieser Anwesen zusammen, und die Gemälde zeigen einige der Besitztümer, die er sich angeeignet hat (Das Schloss von Vianden ist auf einem der Aquarelle, die der Maler als Entwürfe für den König angefertigt hat, zu sehen). Daher können diese Gemälde vor allem als Ausdruck von Besitzerstolz angesehen werden. Gleichzeitig kann man sie allerdings auch als politisches Statement verstehen.

Luxemburg war ehemals ab 1815 unabhängig gewesen, aber de facto wurde es die ganze Zeit wie die 18. Provinz des Vereinigten Königreichs der Niederlande regiert. Diese Situation war dann 1830 akut bedroht, als sich ein Teil Luxemburgs den belgischen Unabhängigkeitsbestrebungen anschloss. So kam es, dass 1839 König William I. ein Abkommen akzeptieren musste, dass die Fläche des Großherzogtums erheblich verkleinerte. Außerdem musste er sich mit preußischer Militärpräsenz in der Bundesfestung in Luxemburg-Stadt arrangieren. Diese doppelte Gefahr, Sympathien für Belgien und wachsender preußischer Einfluss, waren also auch für William II. immer präsent. Daher sollten sowohl seine Besuche in Luxemburg als auch der Erwerb dieser Privateigentümer als Anspruchserklärung des Hauses Oranien-Nassau auf das Großherzogtum angesehen werden. Der Auftrag an Koekkoek kann also als symbolische Untermauerung dieses Anspruchs angesehen werden, die Abbildung der Ruinen drückt somit die Kontinuität und Legitimität politischer Macht aus. Die Gemälde der Schlösser Larochette, Beaufort und Vianden betonen die jahrhundertealten Verbindungen zwischen Haus Oranien-Nassau und Luxemburg. William wollte diese Verbindung auch während seiner Besuche deutlich machen und unterstützte eine Initiative luxemburgischer Anhänger seines Hauses, die sich in der Société archélogique zusammengeschlossen hatten. Diese Initiative hatte den Schutz von Schlössern und Ruinen im Großherzogtum als Nationalerbe zum Ziel.

Um dies alles vollständig zu verstehen, muss man sich allerdings außerdem mit der „nostalgischen Natur“ des Königs auseinandersetzen. Der englischen Tradition nach dachte man gemeinhin, dass pittoreske Ruinen innerhalb einer Landschaft melancholische Gefühle wecken, eine Erfahrung des Erhabenen zur Folge haben oder zur Kontemplation menschlicher Vergänglichkeit anregen. William hatte als junger Mann während seiner Reisen nach England zur Zeit Napoleons eine besondere Sensibilität für diese Ideen entwickelt. Diese Zeit wurde für ihn zu einer Quelle der Nostalgie und prägte seinen kulturellen Geschmack nachhaltig. Einige der Gebäude und Landschaften, die er später entwarf, waren an englischen Vorbildern orientiert, Beispiele dafür sind „Gothic Hall“, in dem seine Kunstsammlung untergebracht war, und das Anwesen in Tervuren oder das in Zorgvliet geplante, in denen der englische Stil ganz klar zum Vorschein kommt. William bewunderte besonders die pittoresken Qualitäten der luxemburgischen Landschaft, die er in einem Brief an seine Tochter Sophie sogar als „un véritable Parck Anglais“ bezeichnete. Seine Reisen nach Luxemburg ermöglichten ihm außerdem, noch einmal die verlorene Welt seiner Jugend zu besuchen, und dank der Tatsache, dass er nun selbst Besitzer dieser Ländereien war, konnte er sie gestalten, wie er es für richtig hielt. Im Einklang mit der englischen Ästhetik, wollte William ausdrücklich die Ruinen von Larochette und Vianden der Witterung überlassen, er gab sogar Anordnung, sie nicht zu berühren und „nicht mehr zu tun, als kleine Pfade anzulegen und den Wald zu schützen“. Koekkoeks Gemälde können also als Reflexion sowohl einer realen als auch einer imaginären, von William erschaffenen Landschaft angesehen werden. Außerdem spiegeln sie nicht nur den Besitzerstolz des Privateigentümers wider, sondern auch die Betonung politischer Macht durch einen sich bedroht fühlenden Herrscher, und den Ausdruck persönlicher Gefühle und ästhetischer Vorlieben. Wir haben hier also gleichzeitig materielle wie imaginäre Aneignung, die in einer Ansammlung von Ländereien und deren bildlicher Darstellung ausgedrückt wird.