Autor: Jonathan Falla
Lage: Old Military Road, bei Dunkeld, Perth & Kinross PH8 0JR, Schottland UK
Beschreibung: Oberhalb eines kleinen, aber spektakulären Wasserfalls inklusive Lachssprung steht dieser seltsame Steinpavilion oder Zierbau, der durch einen angenehmen Waldspaziergang zu erreichen ist. Dieser ursprünglich „Einsiedelei“ genannte Bau wurde als „Ossian’s Hall“ zu einem der meistbesuchten Orte im Schottland der Romantik.
Nachdem die Schlacht bei Culloden 1746 die Jakobiteraufstände beendet hatte, begannen die schottischen Highlands durch ihre raue Schönheit Touristen anzuziehen. Doch die Straßen waren in so schlechtem Zustand, dass viele Besucher sich damit begnügten, von Perth aus eine „Petit Tour“ in die fünfzehn Meilen entfernte und von Wäldern umschlossene Domstadt Dunkeld zu unternehmen. Ein großer Teil der Ländereien waren hier im Besitz von John Murray, dem zukünftigen dritten Herzog von Atholl, der in den 1750er Jahren einen Freizeitpark mit wunderschönen Bäumen um den Braan anlegte, einen Sturzbach, der bei Dunkeld in den Tay fließt.
Es ist nicht bekannt, welcher Architekt hier 1758 die „Einsiedelei“ erbaute, aber wenig später veröffentlichte William Wrighte sein Buch Grotesque Architecture, or Rural Amusement, consisting of plans and elevations for huts, retreats, summer and winter hermitages… cascades etc. …many of which may be executed with flints, irregular stones, rude branches, and roots of trees („Groteske Architektur, oder ländliches Vergnügen, bestehend aus Plänen und Aufrissen für Hütten, Klausen, Sommer- und Wintereinsiedelein… Wasserfällen etc. … von denen viele aus Kiesel, unregelmäßigen Steinen, groben Ästen und Baumwurzeln gefertigt werden können“). Wrightes Musterbuch enthielt auch eine „Einsiedlerklause mit zwei Sitznischen und einem Totenkopf über der Tür als Memento mori“. John Murrays Einsiedelei war sicherlich modisch.
Der Bau einer Einsiedelei warf die Frage auf: Wo ist der Einsiedler? Die Popularität der professionellen Klausner hatte sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts etabliert und kann bis zum Aufenthalt der Königin Caroline in Richmond 1730 zurückverfolgt werden. Einsiedler wurden auf modischen Anwesen mit Landschaftsgärten aufgenommen und eingestellt. Es war ihre Pflicht, barfüßig zu gehen, sich in Sackleinen oder Blätter zu kleiden und hin und wieder zu erscheinen und mit der Faust zu drohen, um Besucher aus der feinen Gesellschaft zu beeindrucken und die Damen zu erschrecken sowie prophetische Weisheiten zu verkünden. Wohlhabende Gönner schrieben die Stellen aus und Verträge konnten zum Beispiel eine Laufzeit von sieben Jahren haben, an deren Ende eine stattliche Summe auszuzahlen war. Nicht alle Einsiedler waren so genügsam: 1756 wurde Jean-Jacques Rousseau von seiner Gönnerin Madame d’Epinay eine gemütliche „Einsiedelei“ außerhalb von Paris bereitgestellt, während Friedrich der Große es 1762 in Betracht zog, noch eine Einsiedelei speziell für Rousseau zu erbauen. Der Einsiedler lebte an der Grenze, wo die Zivilisation gefährlich in Richtung Wildnis schwankte, aber an geschmackvollen Plätzen wie der Einsiedelei von Dunkeld konnte man die Natur bereichern und sie so kontrollieren, während man sie noch eindrucksvoller gestaltete.
Dann, im Jahr 1760, fegte die Begeisterung für den unechten Highland-Barden Ossian und seine Verse über Europa. 1783 wurde das Gebäude in „Ossian’s Hall“ umbenannt, während nahegelegene Naturphänomene zu Ossians Höhle und Ossians Stuhl wurden. (Ossians vermeintliches Grab befindet sich im ungefähr siebzehn Meilen entfernten Sma’ Glen.) Ein Besuch wurde für Touristen der Romantik absolut unerlässlich, obwohl ein führender Verfechter des Pittoresken, der hochwürdige William Gilpin, bei seinem Besuch 1789 über die Wirkung des Gebäudes spottet:
„… die Fensterscheiben sind zum Teil aus rotem und grünem Glas zusammengesetzt, was auf jene, die solcherart Täuschungen noch nie gesehen haben, eine neuartige und überraschende Wirkung hat, denn sie verwandeln das Wasser in einen Feuerstrom oder eine Kaskade aus flüssigem Grünspan. Doch solche Verzierungen und Listen sind unter der Würde einer Ansicht wie dieser.“
1801 skizzierte J. M. W. Turner die Ansicht. Coleridge, der Schottland im September 1803 zu Fuß erstürmte, verfehlte die Einsiedelei um eine halbe Meile, aber zwei Tage zuvor (am 8. September) waren Dorothy und William Wordsworth in einer von William gesteuerten „Ausflugskarre“ angekommen. Dorothy fand großes Vergnügen an den optischen Kunstgriffen und Schiebewänden von Ossian’s Hall:
„Der Wasserfall, den zu sehen wir gekommen waren, warnte uns durch ein lautes Rauschen, dass wir ihn erwarten mussten; zuerst jedoch wurden wir in ein kleines Gemach geführt, wo uns der Gärtner anhielt, ein Gemälde der Figur des Ossian zu betrachten, das … verschwand, wie von Zauberhand in der Mitte geteilt auseinanderspringend, und siehe da! Wir befinden uns am Eingang eines prunkvollen Raumes, der fast schwindelerregend voll war von Wasserfällen, die in alle Richtungen sprangen – der große Wasserfall, der gegenüber dem Fenster vor uns lag, wurde in unzähligen Spiegeln auf der Decke und an den Wänden reflektiert. Wir lachten beide laut auf, was der Gärtner wohl als ein großes Lob verstand, denn er machte uns sehr beredt auf die Schönheiten dieses Ortes aufmerksam.“
Vielleicht war Williams Lachen ein wenig gezwungen. Als er 1814 zurückkam, schrieb er einen vernichtenden „Erguss“, der Kritik übt an –
… the intrusive Pile, ill-graced
With baubles of theatric taste…
I mused; and, thrusting for redress,
Recoiled into the wilderness.
(… dem störenden Haufen, schlecht geziert
Mit Spielereien von theatralischer Manier…
Ich sann; und, suchend neues Glück,
Schrak in die Wildnis ich zurück.)
(An Effusion in the Pleasure-Ground on the Banks of the River Bran, Near Dunkeld.)
Datum: 1757-8
Urheber: Gebaut für John Murray, später dritter Herzog von Atholl, Architekt unbekannt. 2007 renoviert.
Thema: Romantische Landschaften
Medienrechte: Foto von Isabell Buenz
Objekttyp: Kleines Steingebäude
Besitzer: National Trust for Scotland
Literaturverzeichnis
Leask, Nigel (2016), „Fingalian Topographies: Ossian & the Highland Tour, 1760-1805“, in Journal for Eighteenth-Century Studies, 39 (2) Juni 2016, S. 183-196.
Abrufbar unter: www.researchgate.net/publication/303359442
Smout, T.C. (1982), „Tours in the Scottish Highlands from the eighteenth to the twentieth century“, in Northern Scotland (Zeitschrift) Bd. 5 (Erste Reihe), S. 99-122. Jan 1982. Edinburgh University Press.
Wordsworth, Dorothy (1874), Recollections of a Tour Made in Scotland AD 1803. Hrsg. J.C.Shairp. Edinburgh, Edmonston & Douglas. Abrufbar unter: https://www.gutenberg.org/files/28880/28880-h/28880-h.htm