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Translation by: Michael Angerer
Zumindest bis zur Veröffentlichung des Berichts des jungen William Beckford (1760-1844) über seine Tour auf dem Kontinent zwischen 1780 und 1781, Dreams, Waking Thoughts, Incidents (1783), hatte der Reisende auf einer Grand Tour im 18. Jahrhundert gewöhnlich zum Ziel, Begegnungen mit berühmten Persönlichkeiten in Paris und Genf (siehe James Boswells Besuche bei Rousseau und Voltaire im Jahr 1764) sowie mit den Aristokraten von Paris und den Kurtisanen von Venedig zu sammeln. Seine spätere Begegnung mit den Altertümern Roms diente zum einen der Ausbildung seines weltmännischen Geschmacks (siehe Goethes Reisebericht in der Italienischen Reise), zum anderen der Verzierung seines neoklassizistischen Landgutes zuhause (siehe dazu die Sammlung, die Charles Townley ab 1765 anlegte). Erhabene Landschaften hielt er vor allem für unnütz und schrecklich ungemütlich (siehe Thomas Grays Bericht von seiner Alpenüberquerung mit Horace Walpole im November 1739, und das Schicksal von Grays unglücklichem Spaniel Troy, der von Wölfen gefressen wurde).
Der Tourist der Romantik war jedoch eine andere Sache. Der romantische Tourismus nach Kontinentaleuropa wurde – zumindest in Großbritannien – nach William Wordsworths Wandertour durch Frankreich auf der Höhe der Schreckensherrschaft 1793 und vor Samuel Rogers’ missglücktem Versuch, nach dem vermeintlich endgültigen Sieg über Napoleon 1814 bis nach Italien zu gelangen, unterbrochen. In der Zwischenzeit lernten die Müßigen, Großbritannien zu bereisen, auf der Suche nach dem, was wir heute romantische Erlebnisse nennen würden: das Erreichen angemessener Ausblicke auf „erhabene“ Landschaften, am besten garniert mit historischen Ruinen und Bezügen, oder die Suche nach Orten, denen Bücher einen fantastischen Glanz verliehen hatten. Solche Touristen exportierten diese Gewohnheiten mit der Zeit durch ihre Reisen quer durch Kontinentaleuropa nach dem Fall Napoleons.
Diese Sammlung dient dazu, einige Aspekte des romantischen Tourismus zu veranschaulichen. Sie zerfällt in drei ungleiche Abschnitte. Der erste skizziert die verschiedenen Erlebnisse, die Großbritannien bot: die Erhabenheit von „Fingal’s Cave“ (Exponat 1), die Romantik von „Ossian’s Hall“ (Exponat 2), die Ruinen von Tintern Abbey im Mondschein (Exponat 3) und die Freuden des Bergsteigens, die in Wordsworths Guide to the Lakes (1822) beschrieben werden (Exponat 4). Der zweite Abschnitt geht auf einige typische Touristenerlebnisse ein, die der Kontinent bot: das Mitfühlen mit Rousseaus Exil auf der St. Petersinsel (Exponat 5), das melancholische Sinnieren bei „Narzissas Grab“ (Exponat 6) und das erhabene Grauen des Vesuvs (Exponat 7). Der dritte Abschnitt befasst sich mit romantischen Schriftstellern als europäischen Touristen: Byrons vermeintliches Autogramm auf Schloss Chillon (Exponat 8) und der Reisekasten des ungarischen Schriftstellers Janos Erdélyi (Exponat 9). Zusammen dokumentieren diese Beispiele das Aufkommen eines neuen Reiseplans für Touristen in Europa, der geprägt ist von neuen romantischen Empfindsamkeiten und Prioritäten.