Teller des ‘Frosch-Services’

Teller des 'Frosch-Services'

Beitrag von: Elizabeth McKellar

Standort: London, Victoria & Albert Museum

Beschreibung: Dieser Teller, der benutzt wurde, um Fleisch oder Gemüse aufzutragen, gehört dem Victoria and Albert Museum in London und ist Teil des sogenannten ‘Frosch-Services’, ein umfangreiches Service, auf dem Dinner und Dessert für 50 Personen serviert werden konnten. Es wurde 1773 von Katharina der Großen bei Josiah Wedgwood in Auftrag gegeben und zeigt deutlich Katharinas Leidenschaft für englische Landschaftsästhetik und Gartenbau. Das Service ist nur eins von vielen Beispielen, die zeigen, dass eine gewisse Anglophilie sich in dieser Zeit überall in Europa verbreitete.

Das Frosch-Service besteht aus 952 Teilen und beinhaltet alles von Tellern zu Saucieren, von Suppenterrinen zu Eisschälchen zu dem erstaunlich günstigen Preis von 2290 Pfund. Der Name dieses Services lässt sich von seinem Einsatzort ableiten, dem Kekerekeksinenski-Palast (1774-77), einer der zahlreichen kaiserlichen Sommerpaläste rund um St. Petersburg, zu denen auch Peterhof, Tsarsko Selo und Oranienbaum gehörten. Dieser neue Palast wurde im gotischen Stil gebaut, eine weitere Leidenschaft der Kaiserin, und in einem Frosch-Sumpf ein paar Meilen außerhalb der Hauptstadt errichtet. Jedes einzelne Stück des Services zeigt daher auch einen grünen Frosch in einem Wappenschild, eine humorvolle Anspielung an sein russisches Zuhause. Jedes einzelne Teil wurde handgemalt und zeigt jeweils eine von insgesamt 1222 Ansichten britischer Landschaften und vor allem gotische Antiquitäten.

Die Bilder, die das Service verzieren, wurden aus einem reichhaltigen Angebot von bereits existierenden Schwarz-Weiß- oder Sepiadrucken der englischen Landschaft ausgewählt, die Hauptquelle war Samuel und Nathaniel Bucks Antiquities (1726-42), ihre zahlreichen Stadtansichten allerdings ausgeschlossen. Es wurden aber auch andere topographische Abbildungen verwendet, dazu gehörten Thomas Smith von Derbys Ansichten des Peak District und der Yorkshire-Region sowie Jean-Baptiste Claude Chatelains Stiche der Gärten von Stowe und von Londoner Parks wie Chiswick und Kew. Es war Wedgwoods Partner, Thomas Bentley, der auswählte, welche Darstellungen es auf die Bestandteile des Services schafften. Wenn es von einem interessanten Ort keinen passenden Druck gab, gab Wedgwood sie in Auftrag oder kaufte Künstlern ihre Originalarbeiten ab, um sie von seinen Malern kopieren zu lassen. Die Keramiken wurden in Wedgwoods Fabrik in Etruria in Staffordshire produziert und dann im Atelier des Unternehmens in Chelsea, London, von Hand bemalt. Das ausgestellte Stück zeigt die Gärten bei West Wycombe in Buckinghamshire, die zwischen 1739 und 1752 von Sir Francis Dashwood geplant wurden. Die Maler kopierten die Darstellung nach einem Stich von William Woollett (1735-1785). Dieses besondere Stück wurde aber nicht nach Russland geschickt, vermutlich, weil es von einem mit einer interessanteren Ansicht ersetzt wurde.

Dieser kaiserliche Auftrag war einer der prestigeträchtigsten, die Wedgwood je erhielt, und, obwohl er nur wenig daran verdiente, profitierte er von einem enorm gesteigerten Interesse an seinen Produkten. Nach Fertigstellung wurde das gesamte Service im Juni 1774 in Wedgwoods neuen Ausstellungsräumen in Portland House in der Greek Street in London gezeigt. Eine weitere Präsentation fand in Russland statt, als das Service als Schmankerl für Besucher zu sehen war. Durch Publikation, diverse Ausstellungen und Kopien in verschiedenen Formaten wurde das Service einem internationalen Publikum bekannt. Die Druckkunst machte es also möglich, dass ein in Großbritannien für einen der extravagantesten Adelshöfe in Europa hergestelltes Dinner-Service zu einem internationalen, öffentlichen Event wurde, das man europaweit diskutierte. Das Service selbst war aber nicht nur international und intertextuell, sondern gewissermaßen auch ‘inter-materiell’, in dem Sinne, dass es zeigt, wie zunehmend hochqualitatives Design und ausgeklügelte Produktionstechniken den Austausch über verschiedene Kanäle und sogar über Ländergrenzen hinaus ermöglichten. Im Einklang mit seinen internationalen Bewunderern finden sich Bestandteile des Frosch-Service heutzutage in Museen in ganz Europa mit der größten Sammlung in der Eremitage in St. Petersburg. Das Wedgwood-Museum in Barlaston, Stoke-on-Trent, in dem eine unschätzbare Auswahl von Produkten und Arbeitsvorgängen aus Wedgwoods Firma zu sehen und nachzuvollziehen sind, besitzt ebenfalls beträchtliche Anteile.