Das Shelley Denkmal

Das Shelley Denkmal

Beiträger: Nicholas Halmi

Standort: University College, Oxford, Großbritannien

Beschreibung: Dieses Objekt ist eine eindrucksvolle Skulptur aus Marmor und Bronze, das an Percy Bysshe Shelley gewidmet ist und seit 1893 im University College in Oxford, aus dem der Dichter 1811 ausgewiesen wurde, ausgestellt ist. Sie wurde 1890 in Auftrag gegeben von Lady Jane Shelley, der Witwe von Percys und Marys Sohn Percy Florence, das einzige ihrer Kinder, das die Kindheit überlebte. Sie wurde von dem englischen Bildhauer Edward Onslow Ford (1852–1901) geschaffen, der den Naturalismus praktizierte, der für die sogenannte britische New Sculpture Bewegung charakteristisch ist. Die Arbeit besteht aus zwei visuell kontrastierenden Elementen, einem idealisierten Bildnis aus weißem Carrara-Marmor und einer allegorischen Basis aus dunkelgrüner Bronze. Der Marmor, ein naturtreuer Akt, der auf der Seite liegt, stellt den ertrunkenen Shelley dar, nachdem er im Juli 1822 in Viareggio an Land gespült worden war. Sein Körper ruht auf einer hellgrünen Marmorplatte und wird von zwei geflügelten Löwen getragen, zwischen denen die halbnackte Gestalt einer trauernden Muse, ebenfalls in Bronze, sitzt und sich schwer auf ihre zerbrochene Leier stützt. Sowohl die Löwen als auch die Muse ruhen auf einem großen dunkelbraunen Marmorsockel, der (auf Bronzetafeln) mit dem Nachnamen des Dichters und zwei Sätzen aus Strophe 42 von Adonais, seiner Elegie für John Keats, beschriftet ist: ‘IN DARKNESS AND IN LIGHT’ und ‘HE IS MADE ONE WITH NATURE’ [“IN DUNKELHEIT UND IM LICHT” und “ER IST MIT DER NATUR VEREINT“]. Ursprünglich war Shelleys Kopf mit einem Kranz aus vergoldeter Bronze geschmückt – eine lächerliche Verzierung, die nur das beeindruckende Erscheinungsbild der Statue beeinträchtigt hätte. Ein Fragment dieses Kranzes ist im Archiv des Colleges erhalten.

Lady Shelley hatte die Skulptur für das Grab des Dichters auf dem protestantischen Friedhof in Rom, zum Gedenken an seinen hundertjährigen Geburtstag, im Jahr 1892 vorgesehen. Bis Ende 1891 war Fords Werk jedoch so weit fortgeschritten, dass klar wurde, dass es das Nachbargrab von Shelleys Freund Edward Trelawny (1792-1881) überragen würde. Trelawnys Tochter Laetitia Call verweigerte die Erlaubnis zur Installation. Auf der Suche nach einem alternativen Ort für die 13 Tonnen schwere Skulptur schrieb Lady Shelley an ihren Freund Benjamin Jowett, den Meister des Balliol College in Oxford, der wiederum vermutlich seinen ehemaligen Kollegen Timothy Bright, damals den Meister des University College, ansprach. Das College war überzeugt, das Werk anzunehmen, allerdings mit der Einschränkung, dass es sich keine geeignete Unterkunft dafür leisten konnte. Lady Shelley spendete 500 Pfund für diesen Zweck und das College beauftragte den Architekten Basil Champneys mit der Gestaltung des Glaskuppelgebäudes, in dem das am 14. Juni 1893 enthüllte Denkmal noch erhalten ist. In den Jahren 2002-3 wurde der Raum von seiner dunklen Holztäfelung befreit und in seinem ursprünglichen Entwurf wiederhergestellt mit braungestrichenen Gipswänden, die mit Blattgold mit Shelleys Namen und Daten sowie einem weiteren Zitat aus Adonais beschriftet sind.

Im Oxford Art Journal von 1978 schlug der Kunsthistoriker Francis Haskell zwei Vorbilde für Fords Shelley Skulptur vor. Stefano Madernos liegende (aber bekleidete) Santa Cecilia von 1600, die den Schrein ihrer Kirche in Rom schmückt, kann helfen die Androgynie der Figur des Dichters zu erklären, die besonders von hinten auffällt. Das andere Vorbild, das für Lady Shelleys Bemühungen, die Heiligsprechung des Dichters zu gestalten, direkter relevant ist, ist Henry Wallis berühmtes Ölgemälde (jetzt in der Tate Britain) des jugendlichen Dichters Thomas Chatterton, der tot auf seinem Mansardenbett liegt, nachdem er sich selbst mit Gift umgebracht hat, von 1856. Sowohl Wallis als auch Fords Porträts sind streng fiktiv: Es gibt kein zeitgenössisches Porträt von Chatterton, und Shelleys Körper war so stark zersetzt, als er etwa zehn Tage nach seinem Ertrinken an Land gespült wurde, dass er nur anhand der Kopie von Keats’ Gedichten in der Tasche seiner Lederjacke identifiziert werden konnte. Beide Dichter werden als tot dargestellt. Nicht ihre lebenden Schriftwerke, sondern ihre leblosen jungen Körper werden in Erinnerung gerufen.

Dass die Nacktheit des Bildnisses Shelleys seine Gebrechlichkeit und Sterblichkeit darstellen sollte, wird durch das Denkmal hervorgehoben, das Lady Shelley fast vierzig Jahre zuvor von Henry Weekes für die St. Peter Kirche in Bournemouth, wo Mary Shelley 1851 begraben worden war, in Auftrag gegeben hatte. Sie wurde 1854 fertiggestellt und im Christchurch Priory installiert, nachdem sie von St. Peter abgelehnt wurde. Diese Reliefskulptur aus weißem Marmor stellt den halbbekleideten Percy dar, der rechte Arm mit Seetang umwickelt, um seine Sterblichkeit zu betonen. Er wird von Mary umarmt und gehalten, eine Pose, die eindeutig Michelangelos Pietà nachempfunden ist. Haskell macht aufmerksam auf die Ironie, dass ein Porträt des Autors The Necessity of Atheism [Die Notwendigkeit des Atheismus] eine Darstellung Christi hervorrufen sollte. Shelley ließ es nicht aus, Parallele zwischen sich und Christus zu ziehen, nicht zuletzt in Adonais, wo seine “zerbrechliche Form” [frail Form] unter den Trauernden mit einer “gebrandeten und verstrickten Stirn” erscheint „die wie die von Kain oder Christus war“ [branded and ensanguined brow / Which was like Cain’s or Christ’s] (Strophen 31 und 34). Jedoch vermitteln die Dorset und Oxford Skulpturen, zusammen mit den dazugehörigen Passagen aus Shelleys Elegie, eher das Gefühl einer friedlichen Befreiung vom Leben als eines gewalttätigen Martyriums. Insofern wir die Figur, die fromm von Weekes und gewagter von Ford dargestellt wird, überhaupt als Shelley selbst identifizieren können, muss man zugeben, dass es nicht der gefährliche Radikale ist, dessen Gedichte in den 1810er Jahren zensiert und wie Samizdat in den 1830er Jahren verbreitet wurden und die Chartistenbewegung inspirierte, den wir hier sehen. Stattdessen ist es der “schöne und unwirksame Engel” [beautiful and ineffectual angel] von Matthew Arnolds berüchtigter Beschreibung, der “seine leuchtenden Flügel vergeblich in die Leere schlagt” [beating in the void his luminous wings in vain]. So wollte es Lady Shelley eindeutig haben. Aus ihrer spät-viktorianischen Perspektive erforderte seine Heiligsprechung seine Entpolitisierung.

Datum: 1893

Schöpfer: Edward Onslow Ford

Betreff: Percy Bysshe Shelley (1792-1822)

Medien: Foto von Nicholas Halmi

Medienrechte: gehalten vom Fotografen und University College, Oxford

Objekttyp: Skulptur

Format: Marmor und Bronze

Sprache: Englisch

Herausgeber: University College, Oxford