Fingal’s Cave

Fingal’s Cave

Autor: Nigel Leask

Lage: National Trust, Isle of Staffa, Innere Hebriden, Schottland; Thomas Pennant, Tour in Scotland and Voyage to the Hebrides in 1772, 2 Bde. (2. Ausgabe, London 1776), S. 301. ‘Fingal’s Cave in Staffa’: Kupferstich von Thomas Major, nach einer Zeichnung von James Miller.

Beschreibung: Im Spätsommer 1772, nur ungefähr ein Jahr nach seiner Rückkehr von seiner Erkundung des Pazifiks mit Kapitän Cook, organisierte Joseph Banks seine eigene Erkundungsfahrt über die Hebriden nach Island. Am 13. August wurde Staffa von Banks und seiner Gruppe, darunter auch der Künstler James Miller, erkundet, vermessen und gezeichnet. Wir besitzen einen Bericht, einen Ausschnitt aus Banks’ Tagebuch, der in der Tour in Scotland 1772 seines Freundes Thomas Pennant herausgegeben und veröffentlicht wurde; schlechtes Wetter hatte Pennant daran gehindert, früher im Sommer auf der Insel zu landen, und so kompensierte Banks’ Bericht diesen Mangel. Banks berichtet über die Entdeckung einer „Höhle, der überwältigendsten, glaube ich, die jemals von Reisenden beschrieben wurde“. „Wir fragten nach ihrem Namen“, schreibt Banks. „Unser Führer antwortete: ,Die Höhle von Fhinn.‘ ,Was ist Fhinn?‘, sagten wir. ,Fhinn Mac Coul, den der Übersetzer von Ossians Werken Fingal nannte.‘ Wie erfreulich, dass wir in dieser Höhle auf das Andenken an jenen Häuptling stoßen sollten, dessen Existenz, wie auch jene des gesamten dichterischen Epos, in England fast angezweifelt wird.“ Auf diesem Bericht beruht die Entstehung eines der prominentesten Touristenziele in Schottland im Zeitalter der Romantik.

Aus ganz Europa kamen Besucher, um „Ossian“ die Ehre zu erweisen, dem Erzähler und vermeintlichen Autor eines Zyklus epischer Gedichte, die der schottische Dichter James Macpherson ab 1760 veröffentlicht hatte. Macpherson behauptete, mündliche Dichtung aus alter Zeit gesammelt und aus dem Gälischen übersetzt zu haben. Die Figur des Ossian basierte auf Oisín, dem Sohn von Finn oder Fionn mac Cumhaill, einem sagenhaften irischen Barden. Zur damaligen Zeit gab es heftige Debatten über die Echtheit der Werke, aber man geht heute davon aus, dass Macpherson die Gedichte auf Basis alter Volkssagen selbst verfasst hat. Der Zyklus wurde in alle Literatursprachen Europas übersetzt und hatte immensen Einfluss auf die Entwicklung der Romantik. Vor allem beeinflusste er die Entwicklung des romantischen Sprachnationalismus, der durch das Wiederaufstreben des Gälischen verkörpert wurde, und die Bekanntheit der Höhle. Majors Kupferstich der Höhle verstärkt ihre romantische Erhabenheit, indem er ihre Ausmaße übertreibt, während die sie erkundenden menschlichen Gestalten verkleinert werden, wie ein Vergleich mit Millers Originalzeichnung in der British Library zeigt. (Diese wird oft fälschlich einem anderen von Banks’ Künstlern, John Cleveley, zugeschrieben.)

Banks’ Etymologie des Namens der Höhle mit dem Verweis auf Ossian wurde vom französischen Vulkanologen Barthelemy Faujas de Saint-Fond bestritten. Dieser berichtet von seinem Besuch 1784 in seinem Buch Voyage en Angleterre (1797), 1799 übersetzt under dem Titel Reise durch England, Schottland und die Hebriden. Der von Saint-Fond veröffentlichte Kupferstich von „La Grotte de Fingal“ übertreibt die Ausmaße von Majors Kupferstich noch weiter, doch Saint-Fond behauptet, dass Banks falsch über den Namen der Höhle informiert worden wäre. Dieser, meint er, sei tatsächlich als „die melodische Höhle“ zu übersetzen, da in einer Unterwasser-Vertiefung die „durch das Gewicht des an dieser Stelle immer bewegten Wassers zusammengedrückte Luft einen besonderen, bewunderungswürdigen Ton hervorbringe“, welche somit zu einer „Art von natürlicher Orgel“ würde (Reise, II, 39-40). In einer gelehrten Anmerkung, die zweifellos seinem gälischsprachigen Reisebegleiter Captain Macdonald of Skye geschuldet ist, behauptet Saint-Fond: „der wahre Name der Höhle ist an-ua-vine. An heißt die, ua Höhle oder Grotte, vine melodisch“ (Ibid., II, 40). Sein Versuch einer „Korrektur“ scheint angetrieben vom materialistischen Wunsch des Ideologen, Sprache zu „zerlegen“: Das Studium des Gälischen und die achtsame Prüfung physischer Gegebenheiten enthüllen den wahren Namen der Höhle, welcher, wie es sich zeigt, eine belegbare, natürliche (statt nebulös auf Ossian verweisende) Erhabenheit beschreibt.

Wer hatte also recht, Banks oder Saint-Fond? Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, doch Walter Scott, der Staffa 1814 auf seiner Pharos-Kreuzfahrt besuchte, spricht lediglich von der „berühmten Höhle“ von Staffa (S. 96), vielleicht in Erinnerung an seine Bitte „lasst uns nichts mehr über Macpherson hören“ in seinem Essay in der Edinburgh Review 1805 zum Bericht der Highland Society über Ossian (S. 461). 1824 beklagt sich der Geologe John Macculloch, dass „Fingal sich seit einiger Zeit das Recht auf die große Höhle angeeignet hat; aber der ursprüngliche gälische Name scheint Uaimh Binn gewesen zu sein, die musikalische Höhle“, und unterstützt damit Saint-Fonds Darstellung (Highlands and Western Isles, IV, 386). Doch obwohl es angeblich die gigantischen orgelähnlichen Säulen der „melodischen Höhle“ waren, die während seines Besuches im August 1829 Felix Mendelssohn zu seiner Ouvertüre „Die Hebriden“ inspirierten, entschied sich dieser ironischerweise dafür, das Stück nach seiner Veröffentlichung in „Die Fingalshöhle“ umzubenennen und sich damit auf die Seite des von Saint-Fond verworfenen Namens zu stellen. Der Name wurde zwei Jahre später, 1831, weiter gefestigt, als Joseph Turner (der wie Mendelssohn mit dem Dampfschiff „Maid of Morvern“ reiste) die Insel besuchte und später sein großartiges Bild „Staffa, Fingal’s Cave“ malte, wenn auch Turners Dampfschiff etwas von der nebelumhangenen Höhle ablenkt. Zwei der größten Künstler des Zeitalters der Romantik hatten sich für den zuerst von Banks überlieferten Namen entschieden, und so blieb „Fingal’s Cave“ der bekannteste mit Ossian verbundene Ort in Schottland.

Datum: 1773 (erstmals veröffentlicht 1775)

Urheber: James Miller, Kupferstich von Thomas Major

Thema: Joseph Banks und Thomas Pennant

Medienrechte: Bild im Eigentum des Autors

Objekttyp: Gedruckter Kupferstich in einem Reisebuch

Format: Gedruckter Kupferstich

Sprachen: Englisch/Gälisch/Französisch

Edition: Autor

Digitales Sammlungsverzeichnis: Zum Originalbild siehe British Library: King’s Topographical Collection, Sinatur: Additional MS 15510; Artikelnummer: f. 42.
http://www.bl.uk/onlinegallery/onlineex/kinggeorge/

Literaturverzeichnis

Vom AHRC finanziertes Projekt Curious Travellers: Thomas Pennant’s Tours in Scotland and Wales, 1760-1820. <http://curioustravellers.ac.uk/en>.

Bonehill, John, „,New Scenes drawn by the Pencil of Truth‘: Joseph Banks’ Northern Voyage“, Journal of Historical Geography, 43, (2014), 9-27.

Faujas de Saint-Fond, Barthelemy, Reise durch England, Schottland und die Hebriden, 2 Bde., (Göttingen 1799), II, 39.

Furniss, Tom, „,As If Created by Fusion of Matter after Some Intense Heat‘: Pioneering Geological Observations in Pennant’s Tours in Scotland“, in Mary-Ann Constantine und Nigel Leask, Hrsg., Enlightenment Travel and British Identities: Thomas Pennant’s Tours in Scotland and Wales (London: Anthem, 2017), S. 163-182.

Klonk, Charlotte, Science and the Perception of Nature: British Landscape Art in the Late 18th and Early 19th Centuries (New Haven and London: Yale UP, 1996).

Ksiazkiewicz, Alison, „Geological Landscape as Antiquarian Ruin: Banks, Staffa, and the Isle of Staffa“, in Mary-Ann Constantine und Nigel Leask, Hrsg., Enlightenment Travel and British Identities: Thomas Pennant’s Tours in Scotland and Wales (London: Anthem, 2017), S. 183-202.

Leask, Nigel, „Fingalian Topographies: Ossian and the Highland Tour, 1760-1805“, Journal of Eighteenth-Century Studies, 19, 2 (Juni 2016), 183-196.

Macculloch, John, The Highlands and Western Isles of Scotland, 4 Bde. (London, 1824).

Pennant, Thomas, Tour in Scotland and Voyage to the Hebrides in 1772, 2 Bde. (2. Ausgabe, London, 1766).

Scott, Walter, The Voyage of the Pharos: Walter Scott’s Cruise Around Scotland in 1814 (Edinburgh: Scottish Library Association, 1998).
—————-„Report of the Highland Society upon Ossian“, Edinburgh Review 6 (Juli 1805), S. 429-462, 461.

Jenkins, David und Viscocchi, Mark, Mendelssohn in Scotland (London: Chappell & Company, 1978).

Turner, Joseph Mallord, „Staffa, Fingal’s Cave“, 1832, Öl auf Leinwand, Yale Centre for British Art, New Haven. Paul Mellon Collection (BJ 347).